„Winterzeit ist Märchenzeit. So war das schon bei meiner französischen Großmutter, die wir alle Mémé nannten. Mit ihrem missgebildeten Fuß konnte sie nur schwer laufen, so dass sie am liebsten Besuch empfing. Einmal wöchentlich kamen ihre alten Freunde zusammen: der dicke Kunstmaler M. Deluc mit dem lustigen Monokel, die Schauspielerin Charlotte sowie die Zwillinge Pascal und Pierre. Ein Glück, dass ich als Enkelin den besonderen Treffen lauschen durften, denn Mémé spielte wundervoll Klavier und war die beste Geschichtenerzählerin. So wuchs ich auf mit den Märchen und Liedern aus alter Zeit, die so geheimnisvoll sind, dass sie heute noch als Klänge und Bilder in mir schwingen."
Da Märchenhören eines der schönsten Dinge ist, die man tun kann, wenn die Abende länger werden, kann man von Glück sprechen, dass die Musikerinnen und Musiker des Orchesters geübte Geschichtenerzähler sind. Mit feinen Tönen und farbenreichen Klängen lassen sie die Figuren aus den Märchen von „Ma mère l‘Oye“ von Maurice Ravel lebendig werden. Und auch die fünf Kameraden Ravels, denen er sein „Tombeau de Couperin“ widmete, erscheinen so mit all ihren kuriosen Eigenheiten vor dem inneren Auge. Zu Großmutters Zeiten wurde aber nicht nur zugehört, sondern wie Jahrhunderte zuvor gemeinsam gesungen. So kennt sie auch heute noch jeder: die schönsten Weihnachtslieder.
Aufführungen mit der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern (2018, Dirigent: Mariano Chiacchiarini, mit Live-Übertragung auf SR2 Kulturradio).